Wohneigentum im Alter: Was tun damit?

Das eigene Haus hegt und pflegt man über Jahrzehnte. Vielleicht sind die Kinder darin gross geworden, der Platz wurde gebraucht. Überall gibt es schöne Erinnerungen. Zunehmend wird aber der Garten und die grosse Wohnfläche zur Belastung. Eine kleine Wohnung würde ausreichen, aber wie gehen wir vor?

Als Notarin höre ich oft: 

  • Wir möchten das Haus abtreten, dann kann das Pflegeheim nicht auf das Haus greifen.
  • Meine Eltern wollen das Haus verschenken. Die haben 40 Jahre gearbeitet, der Staat soll jetzt schauen.
  • Unsere Freunde haben das Haus an die Kinder verschenkt. Das wollen wir jetzt auch machen. 

Nebst einer Kurzfassung der Definition zur Abtretung, finden Sie in diesem Artikel eine Checkliste als Entscheidungshilfe. 

Wohneigentum im Alter: Was tun damit?

Was ist eine Abtretung (Schenkung)?

  • Eine Abtretung bedeutet, dass man sein Haus – ohne Gegenleistung (vereinfacht: Kaufpreis) zu Lebzeiten an die Kinder weitergibt. Es wird maximal die Hypothek übernommen. 
  • Die Übertragung wird vom Notar / von der Notarin beurkundet.
  • Man kann sich dabei bestimmte Rechte vorbehalten, wie zum Beispiel das Recht, weiterhin in seinem Haus zu wohnen (z.B. Wohnrecht oder Nutzniessung).

Was passiert, wenn man sein Haus verschenkt?

  • Man verzichtet auf einen Teil seines Vermögens.
  • Dies kann Auswirkungen auf staatliche Unterstützung haben (z.B. im Hinblick auf Pflegekosten).
  • Stellt man später einen Antrag auf Ergänzungsleistungen, muss angegeben werden, ob man freiwillig auf Vermögen verzichtet hat. Dies ist bei der Abtretung der Fall. In der Konsequenz bekommt man keine oder weniger Ergänzungsleistungen.
  • Zudem sind die ab dem 1. Januar 2021 (letzte 10 Jahre vor dem Todesfall) bezogenen Ergänzungsleistungen von den Erben zurückzuerstatten, sofern der Nachlass mehr als CHF 40'000.00 umfasst.

Keine Ergänzungsleistung - und jetzt?

  • Ohne Ergänzungsleistungen sieht man sich gezwungen, sich bei der Sozialhilfe anzumelden, welche anschliessend die Verwandtenunterstützung prüft. 
  • Unterstützungspflichtige Verwandte stehen in auf- und absteigender Linie, d.h. Grosseltern, Eltern, Kinder.
  • Grundsatz: Unterstützungspflichtig wird man ab einem Jahreseinkommen (Richtschnur, die Kantone haben Spielraum) von:
    • CHF 120'000.00 als alleinstehende Person bzw. 
    • CHF 180'000.00 als Ehegatten

Aber aufgepasst, die Grenzwerte für die Unterstützungspflicht sinken, wenn der unterstützungspflichtige Verwandte freiwillig auf Vermögen verzichtet hat bzw. sich z.B. mittels Abtretung seines Vermögens entledigt hat. 

Unterstützungspflicht bei vorgängiger Abtretung

Der unterstützungspflichtige Verwandte kann zur Leistung von Unterstützung im Umfang des Vermögens, welches er von der bedürftigen Person erhalten hat, herangezogen werden. Somit kann der Nachkomme, welcher das Haus mittels Abtretung erhalten hat, verpflichtet werden seine Eltern finanziell zu unterstützen (z.B. Erhöhung der Hypothek oder vielleicht gar Verkauf der Liegenschaft?)

In diesem Fall wird man unterstützungspflichtig ab einem Jahreseinkommen von 

  • CHF 60'000.00 als alleinstehende Person
  • CHF 90'000.00 (+ CHF 10'000.00/Kind) als Ehegatten

 

Checkliste Abtretung 

Ob für Sie eine Abtretung in Frage kommt, ist individuell zu prüfen. Meinen Klienten stelle ich jeweils die folgenden Fragen:

  • Finanzielle Situation: wie stehen Sie da? Haben Sie genug finanzielle Ressourcen?
  • Wohnsituation Eltern: wo wollen Sie zukünftig leben? Können / wollen Sie im Haus bleiben (Treppen, Umschwung etc.?)
  • Wohnsituation Nachkommen: wo wohnen die Kinder? Besteht Bedarf für eine Liegenschaft?
  • Es bleiben unklare Faktoren: Alter? Lebenserwartung? Gesundheit? Entwicklung?
  • Wie entwickelt sich die Gesetzgebung?

Pro und Contra

Pro Abtretung

  • gesicherte Vermögenslage (Wertschriften, mehrere Liegenschaften)

Contra Abtretung

  • Das Haus ist der grösste oder gar alleinige Bestandteil des Vermögens (Abtretung der Wohnliegenschaft).
  • Weitere (finanzielle) Reserven sind nicht vorhanden.
  • Die Kinder haben bereits Wohneigentum. 
  • Die Wohnsituation ist nicht mehr geeignet (Treppen / Umschwung etc.).

Beratung beim Profi

Sie brauchen mehr Informationen zur Abtretung? Sie wollen wissen, ob sich ein Verkauf in Ihrer Situation besser eignet? Sie wollen eine Auslegeordnung machen?

Gerne stehen ich und mein Notariats-Team Ihnen zur Verfügung. 

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