Absicherung im Konkubinat
Gemäss den Zahlen des Bundesamts für Statistik ist es in der Schweiz im Jahr 1992 zu 6.6 Eheschliessungen pro 1'000 Einwohner gekommen. 20 Jahre später, im Jahr 2022, waren es noch gerade einmal 4.7 Eheschliessungen pro 1'000 Einwohner.[1]
Die Gründe für diesen Negativtrend sind vielschichtig. Von Relevanz ist einerseits sicherlich, dass das «Institut der Ehe» gesellschaftlich an Bedeutung verloren hat. Andererseits, dass alternative Lebens- und Beziehungsmodelle bei Herr und Frau Schweizer mittlerweile weitgehend auf Akzeptanz stossen. Viele Paare entscheiden sich daher – ob bewusst oder unbewusst – gegen die Ehe und für ein Leben im Konkubinat.
[1] Rohe Heiratsziffer nach Kanton, 1981-2022 - 1981-2022 | Tabelle | Bundesamt für Statistik (admin.ch)
Ab wann gilt eine Partnerschaft als Konkubinat?
Das Konkubinat ist im Gesetz nicht geregelt und eine allgemeingültige Legaldefinition gibt es nicht.
Das Bundesgericht definierte das Konkubinat als «eine auf längere Zeit, wenn nicht auf Dauer angelegte umfassende Lebensgemeinschaft zweier Personen unterschiedlichen Geschlechts mit grundsätzlich Ausschliesslichkeitscharakter, die sowohl eine geistig-seelische als auch eine wirtschaftliche Komponente aufweist» (vgl. statt vieler: BGer 5A_662/2011 vom 18. Januar 2012 E.2.3.3). Diese Definition scheint insbesondere aufgrund des Geschlechtsmerkmals als überholt. Stattdessen dürfte die Bezeichnung des Konkubinats als eine «dauerhafte, eheähnliche Lebensgemeinschaft zweier Personen» eher den Nerv der Zeit treffen.
Welche Vorkehrungen können Konkubinatspaare treffen, um sich und allfällige gemeinsame Kinder gegenseitig abzusichern?
Zumal das Konkubinat im Gesetz nicht geregelt ist, profitieren Konkubinatspaare von bestimmten Vorteilen und Freiheiten. Das mit den Freiheiten ist jedoch ein zweischneidiges Schwert. Im Falle einer Trennung oder eines Todesfalls können sich diese Freiheiten – jedenfalls für eine Partei – auch als grosser Nachteil entpuppen.
Für Konkubinatspaare gilt daher das Primat der Eigenverantwortung umso mehr. Es ist daher ratsam, wenn sich Konkubinatspaare proaktiv darüber informieren, welche Tücken und Stolpersteine ihr Lebensmodell je nach Verlauf mit sich bringen kann. Dies umso mehr, wenn gemeinsame Kinder im Spiel sind und eine «klassische» Rollenteilung gelebt wird, in der sich ein:e Konubinatspartner:in hauptsächlich um Haushalt und Kinder kümmert während der/die andere Konkubinatspartner:in einer bezahlten Erwerbsarbeit nachgeht.
Wichtig ist, dass die nachfolgende Übersicht lediglich als grobe Leitlinie dienen soll. Je nach Einzelfall macht es Sinn, wenn sich Konkubinatspaare für weiterführende Informationen an eine Fachpersonen ihres Vertrauens wie einen Anwalt oder eine Anwältin, Notar:in, Steuerexpert:in, Vorsorgeberater:in, Versicherungsberater:in oder Treuhänder:in wenden.
a. Schriftliche Regelung
Ob Konkubinatsvertrag, Erbvertrag, Testament, Vorsorgeauftrag, Begünstigungserklärung gegenüber Vorsorgeeinrichtungen etc., wichtig ist, dass Konkubinatspaare schriftliche Regelungen treffen, auf welche bei Bedarf zurückgegriffen werden kann.
b. Vorsorge und Versicherungen
Ein wichtiger Aspekt ist die finanzielle Absicherung. Konkubinatsparter:innen sind im Falle des Todes nicht automatisch erbberechtigt. Konkubinatspaare sollten daher testamentarische oder erbvertragliche Regelungen treffen, um sicherzustellen, dass das Vermögen im Todesfall dem/der Konkubinatspartner:in zukommt.
Dank dem revidierten Erbrecht, welches am 1. Januar 2023 in Kraft getreten ist, gibt es mehr Spielraum im Hinblick auf das Pflichtteilsrecht. So geniessen die Nachkommen des Erblassers oder der Erblasserin (wie auch ein:e allfällige:r Ehepartner:in oder eingetragene:r Partner:in) lediglich einen Pflichtteilsschutz von 50% des gesetzlichen Erbanspruchs. Der/die Konkubinatspartner:in kann damit im Rahmen eines Testaments oder eines Erbvertrags mit der frei verfügbaren Quote mehr begünstigt werden als vor der Revision.
Stirbt ein:e Ehepartner:in hat der/die überlebende Ehepartner:in unter Umständen Anspruch auf eine AHV-Rente, Pensionskassenrente oder Unfallversicherungsrente. Auch hier gilt: Konkubinatsparter:innen haben gar keinen (AHV-Rente) oder keinen automatischen Anspruch auf die vorgenannten Leistungen. Es ist daher unabdingbar, dass Konkubinatspaare proaktiv auf die jeweiligen Einrichtungen zugehen und abklären, ob und unter welchen Voraussetzungen (z.B. Dauer der Lebensgemeinschaft, Erfordernis einer Begünstigtenerklärung etc.) ein Leistungsanspruch besteht. Gegebenenfalls lohnt sich auch der Abschluss einer Lebens- oder Todesfallversicherung, um den/die Konkubinatspartner:in dabei (zusätzlich) zu begünstigen.
Bei der Trennung eines Konkubinatspaares wird keine güterrechtliche Auseinandersetzung («Teilung des Vermögens») oder ein Vorsorgeausgleich vorgenommen, wie dies bei der Scheidung der Fall ist. Das führt dazu, dass eine Trennung gerade bei «klassischer» Rollenteilung in finanzieller Hinsicht massive Folgen mit sich bringen kann. Häufig konnte der/die Konkubinatspartner:in, welche:r während der Beziehung keiner oder nur nebenbei einer bezahlten Erwerbsarbeit nachgegangen ist, kaum Ersparnisse oder ein Vorsorgeguthaben anhäufen. Gerade junge Konkubinatspaare machen sich kaum Gedanken über ihre Altersvorsorge und scheinen dabei – teils aus Unwissenheit oder Blauäugigkeit – zu übersehen, dass Vorsorgelücken in der 1. und 2. Säule oft eine Altersarmut zur Folge haben werden. Bei der Wahl der Rollenteilung im Konkubinat darf die Altersvorsorge daher nicht vernachlässigt werden.
c. Gemeinsame Kinder
Gemeinsame Kinder sind ein entscheidender Punkt in einem Konkubinat. Im Gegensatz zum Ehemann gilt der Konkubinatspartner nämlich nicht automatisch als Kindsvater und ihm wird auch nicht automatisch die gemeinsame elterliche Sorge eingeräumt. Der unverheiratete Kindsvater muss das Kind vor oder nach der Geburt beim Zivilstandsamt offiziell anerkennen. Anlässlich dieses Behördengangs können die Kindseltern auch gleich das Formular «Erklärung der gemeinsamen elterlichen Sorge» ausfüllen und die Anrechnung der Erziehungsgutschriften der AHV regeln.
Bei der Trennung eines Konkubinatspaares besteht unabhängig vom Zivilstand der Kindseltern eine Unterhaltspflicht gegenüber den gemeinsamen Kindern (der sog. Kindsunterhalt bestehend aus einem Bar- und Betreuungsunterhalt). Im Unterschied zu Ehepaaren haben Konkubinatspartner:innen aber keinen Anspruch auf einen gegenseitigen persönlichen Unterhalt.
Fazit
Das Leben im Konkubinat lockt sicherlich mit einer gewissen Freiheit, erfordert jedoch auch eine sorgfältige Planung und Vorkehrungen, um sich und gemeinsame Kinder abzusichern. Die Führung eines offenen Gesprächs «in guten Zeiten» über die Erwartungen und Wünsche in der Beziehung ist dabei unerlässlich.